Michelle Kolb
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Orlando Schrofer ist der Inhaber des Erlebnis-Hof Wannenwies.
Seit mehr als zehn Jahren bietet der Erlebnis-Hof Wannenwies verstossenen exotischen Tieren ein Zuhause. Da es an Platz mangelt, möchte der Inhaber nun eine neue Voliere bauen. Dafür sollen 20'000 Franken an Spenden aufgetrieben werden.
Tierschutz «Zurzeit nehmen wir keine weiteren Tiere auf. Wir haben schlicht zu wenig Platz», sagt Orlando Schrofer (38). Der Landwirt ist der Inhaber des Erlebnis-Bauernhofs Wannenwies in Waldkirch, wo er neben einer Pferdepension und einem Hof mit 2’000 Hühnern auch einen kleinen Zoo – besser gesagt eine Auffangstation für verstossene und beschlagnahmte Tiere – betreibt. Den Hof Wannenwies hat das Ehepaar Petra und Orlando Schrofer 2014 übernommen und in einen Bio-Betrieb umgewandelt. Seitdem haben die beiden zahlreiche exotische Tiere bei sich aufgenommen.
«Ich hatte schon vor der Hofübernahme einige exotischen Tiere bei mir aufgenommen. So richtig angefangen hat es aber damit, dass um das Jahr 2015 ein Zoo in Bad Ragaz geschlossen wurde», erklärt Schrofer, «für viele der Tiere dort konnte kein neuer Platz in einem anderen Zoo gefunden werden, was bedeutet hätte, dass viele davon hätten eingeschläfert werden müssen. So übernahmen wir einen Grossteil der Tiere.» 2020 entschloss sich die Familie Schrofer sogar dazu, einen Anbau zu realisieren, um somit mehr Platz für weitere Tiere zu schaffen. Die Nachfrage nach freien Plätzen war allerdings so gross, dass noch bevor der Anbau fertiggestellt war, alle Plätze in den Gehegen vergeben waren. Mittlerweile ist der Hof Wannenwies das Zuhause von insgesamt über 30 verschiedenen Tierarten, darunter fünf verschiedene Primatenarten, diverse Schlangen- und Vogelarten, Leguane, ein Waran, Vogelspinnen, Skorpione, Stabheuschrecken, Frettchen, Kaninchen und vielen weiteren Tieren. Die meisten Tiere auf dem Hof Wannenwies stammen aus Zooschliessungen. Schrofer bietet aber nicht nur überschüssigen Zootieren ein neues Zuhause. Ein kleiner Teil der Tiere stammt auch aus Beschlagnahmungen. «Diese drei Papageien wurden aus illegalen Privathaltungen beschlagnahmt und zu uns gebracht. Sie haben keine Federn mehr auf der Brust, weil sie sich diese in ihrer viel zu engen Käfighaltung aus Langeweile selbst ausgerissen haben. Es ist ein trauriger Anblick», so Schrofer. Was seinen Papageien widerfahren ist, ist in der Schweiz leider keine Ausnahme. Laut dem schweizerischen Tierschutz STS wurden 2023 1’173 Tiere wegen falscher oder illegaler Privathaltung beschlagnahmt. Die Dunkelziffer, meint Schrofer, sei wohl noch höher. «2021 haben wir zum Beispiel einen Waran aufgenommen, dessen Besitzer das Reptil illegal im Keller gehalten hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in der Schweiz zahlreiche ähnliche Fälle gibt, die noch nicht entdeckt wurden», so Schrofer.
Probleme bereiten nicht nur illegal gehaltene Tiere. Auch Tiere, für die es keine Bewilligung benötigt, werden von ihren Halterinnen und Haltern oft verstossen oder gar ausgesetzt. Ein Beispiel dafür ist die Boa Constrictor. Sie ist die grösste Schlange, die man in der Schweiz halten darf, ohne dass dafür eine Bewilligung benötigt wird. Die Tiere können bis zu drei Meter lang werden. «Jeder der will, kann in der Schweiz eine Boa Constrictor besitzen. Es gibt zwar Auflagen zur Grösse des Terrariums, ob sich daran gehalten wird, wird aber kaum überprüft», so Schrofer. Im Schnitt erhält Schrofer jede zweite Woche eine Anfrage, ob der Hof Wannenwies noch Boas aufnehmen kann. Die Anfragen kommen ausschliesslich aus der Schweiz. Mehr als die zwei Boas, die er jetzt hat, kann er aus Mangel an Platz allerdings nicht aufnehmen. Dies ist ärgerlich, denn obwohl Schrofer nicht genau weiss, was mit diesen ganzen Schlangen passiert, vermutet er, dass die meisten davon eingeschläfert werden. «Meiner Ansicht nach handelt es sich hierbei um ein Wohlstandsproblem. Die Leute kaufen sich diese Tiere, weil sie es eine lustige Idee finden und es sich leisten können. Doch Schlangen können sehr alt werden, was sich nicht immer mit der Zukunftsplanung der Halterinnen und Halter vereinbaren lässt. Deshalb wollen viele die Tiere schon nach wenigen Jahren wieder loswerden», so Schrofer. Es sei wichtig, sich im Vorhinein gut zu informieren, bevor man sich ein Haustier zulege. Gerade bei exotischen Tieren sei es essenziel, zu wissen, wie alt die Tiere werden können, was sie alles zum Leben brauchen und was deren Unterhalt kostet. «Vom Kauf eines exotischen Tiers würde ich allerdings grundsätzlich abraten», so Schrofer.
Mit dem Erlebnis-Hof Wannenwies möchte Schrofer auch einen Beitrag zur Bildung leisten. Dazu gehört für ihn nicht nur, Besucherinnen und Besuchern über die verschiedenen Tierarten zu informieren. Er will auch darauf aufmerksam machen, was mit Tieren geschieht, die nicht artgerecht privat gehalten werden. «Man will nur das schützen, was man kennt. Auf unserem Hof machen wir die Tiere deshalb erleb- und fassbar und zeigen den Leuten auch misshandelte Tiere, wie zum Beispiel unsere Papageien. Das Füttern und Streicheln der Tiere bleibt oft lange in Erinnerung», so Schrofer. Zudem leistet Schrofer auch einen Beitrag zum Erhalt gewisser Tierarten. So züchtet er zum Beispiel Weissbüschelaffen oder auch die vom Aussterben bedrohten Lisztaffen. Finanziert wird der Zoo mithilfe des Gönnervereins Tierfreunde Wannenwies. Die Vereinsmitglieder unterstützen den Erlebnis-Hof mit einem Mitgliederbeitrag von mindestens 60 Franken pro Jahr. «Wir sind von Gönnerbeiträgen abhängig. Ohne Spenden, könnten wir den Zoo nicht finanzieren. Für uns ist das Ganze ein Nullsummenspiel», so Schrofer. Auch für sein neustes Projekt ist er auf die Hilfe von Spendern angewiesen. Zurzeit plant der Landwirt, eine neue Voliere für Abgabevögel zu bauen. Das neue Gehege soll etwa 20'000 Franken kosten. «Wir haben bereits etwas Geld sammeln können, das reicht aber noch nicht aus. Unser Ziel ist es, die Spenden möglichst schnell einzutreiben, sodass wir die Voliere am 1. März eröffnen können», so Schrofer.
Der Hof Wannenwies bietet das ganze Jahr hindurch private Führungen an und veranstaltet auf Anfrage auch Kindergeburtstage. Für Zoobesuche ohne Voranmeldung ist der Erlebnishof-Wannenwies momentan noch geschlossen. Ab dem 1. März sind die Türen des Zoos auch wieder für spontane Besuche geöffnet. Der Eintritt kostet für Kinder 5 und für Erwachsene 10 Franken.
Selim Jung
Verkehrte Welt: Heimische Wkldtiere darf ich nicht halten, jedoch exotische. Was soll eine Kobra oder ein Krokodil in einer Wohnung? Abgesehen von der ständigen Gefahr für die Mitmenschen ist ein arttgerechtes Halten, falls überhaupt, nur in einem grossen Zoo möglich. Der Gesetzgeber sollte Verkauf und Haltung von exotischen Tieren im privaten Bereich unter präzisen Ausnahmen generell verbieten.
walter.lendi41@gmail.com antwortenLade Fotos..