Gabriela Eberhard
hat eine Interpellation zur Beflaggung der Stadt zur Pride 2025 eingereicht.
Doris Bloch (links) und Karin Huber vom Verein Säntisblick in Herisau. sro
Der Verein Säntisblick Herisau kann auf eine 50-jährige Geschichte zurückblicken. 1974 ist die damalige Therapeutische Wohngemeinschaft Säntisblick aus der Klinik heraus entstanden. Der heutige Verein wurde 1993 gegründet und begleitet erkrankte Menschen professionell.
Jubiläum Noch immer sind sie ein Tabu und mit Stigmata belegt: psychische Krankheiten und die damit einhergehenden Schwierigkeiten. Dem wirkt der Verein mit seiner langjährigen Tätigkeit und Unterstützung entgegen. Seit der Gründung entstanden immer mehr WG-Plätze, nebst Teilzeit- war schliesslich auch Vollzeitbetreuung in den Wohnangeboten möglich. Heute gibt es 37 Wohnplätze für Menschen mit psychischen und sozialen Beeinträchtigungen. Der Jugendbereich umfasst 15 Plätze, die von Jugendlichen genutzt werden, die aus psychiatrischen Kliniken kommen. Zehn Plätze bestehen für Erwachsene. «Auch gibt es das durchmischte Wohnangebot für Jugendliche und Erwachsene, das acht Plätze bietet», sagt Doris Bloch, Leiterin des Wohnbereichs. Nebst dem Wohnangebot unterstützt der Verein Klienten, die selbstständig wohnen und bietet zwei Tagesstrukturen an. Die Tagesstruktur der «gwunderwerchstatt» wird von Externen genutzt, die nicht in den Wohnangeboten leben.
In den vergangenen 50 Jahren hätte sich vieles gewandelt. «Vor allem in unserer Arbeit – Leute, die früher hierherkamen, würden heute eher ambulant betreut werden», sagt Bloch, was auch die Pflegefachfrau Karin Huber, welche im Jugendbereich arbeitet, bestätigt: «In den Psychiatrien wurde der ambulante Bereich gestärkt. Und es hat auch damit zu tun, dass sich im medikamentösen Bereich vieles so entwickelt hat, dass die Leute dadurch selbstständig wohnen können.» Dagegen seien die Rehaplätze in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen, weshalb es nun Institutionen wie den Säntisblick brauche. «Heute sind wir auch eher Dienstleister, da wir uns an die Vorgaben der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, welche die Teilhabe und Inklusion umschreibt, halten müssen», sagt Bloch. Heute sei alles sehr individuell angepasst, so dass Klienten das erhalten, was sie brauchen. Huber hat bis vor zwei Jahren auf der Akutstation des Psychiatrischen Zentrums Herisau gearbeitet. «Im Vergleich kann ich mir hier mehr Zeit nehmen. Hier arbeite ich auch längerfristig mit den Personen, das schätze ich sehr. Auch das Anspannungslevel ist hier geringer als auf der Akutstation», sagt Huber. Man könne an langfristigen Zielen wie zum Beispiel dem Berufseinstieg arbeiten. «Es ist schön, dass sie an diesen Punkt kommen und eine Lehrstelle finden. Diese Entwicklung zu sehen, ist immer ein Erfolgserlebnis», sagt Bloch.
Der Erwachsenenbereich des Vereins ist stets ausgelastet, nicht aber so akut wie im Kinder- und Jugendbereich. Dort war die Anzahl der Klienten bereits im vergangenen Jahr konstant hoch. «Das ist heute noch ungebrochen so. Man merkt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche mit den Auswirkungen der Pandemie, zum Beispiel Sozialphobien, zu uns kommen. Was sie normalerweise im Klassenverband gelernt hätten – Konfliktlösungen, soziale Interaktionen vor Ort – ging im Home-Schooling komplett unter», sagt Huber.
Schon Jugendliche ohne psychische Vorbelastungen hätten Mühe, nach der Pandemie wieder in die Gesellschaft zu finden. «Jene, die vorbelastet sind, kommen daher noch weniger gut mit Sozialphobien zurecht», so Huber. Die Wartelisten seien noch länger geworden. «Viele sind durch die Maschen gefallen und nun macht sich das bemerkbar», so Bloch. Für die Zukunft müsse sich noch einiges ändern, damit die Arbeit leichter wird. «Es braucht sicherlich mehr Therapeuten», sind sich Bloch und Huber einig. Doch auch gesellschaftlich müsse noch einiges passieren. «Oftmals ist das Verständnis für psychische Erkrankungen nicht da. Viele kommen mit Mobbingerfahrungen und stehen am Rand der Gesellschaft. Diese hat einen langen Weg vor sich. Früher hat man diese Menschen eher mitgetragen, die Toleranz ist heute gesunken», sagt Huber. Das habe oftmals auch mit der Anonymität einer Stadt zu tun, man könne sich verkriechen und es werde vielleicht auch weniger aufmerksam hingeschaut. Auch in der Finanzierungsthematik im Bereich der psychischen Erkrankungen gebe es viel Luft nach oben.
Zum Jubiläum führt der Verein Säntisblick einige Veranstaltungen durch, die meisten davon sind interner Natur. «Mitarbeitende und Klienten aus den unterschiedlichen Bereichen sollen sich kennenlernen», so Bloch. Öffentlich wird der Verein im März mit einer Ausstellung im Spital Herisau und auf dem Wochenmarkt auftreten. Im Sommer wird ein Tag der offenen Tür in der «gwunderwerchstatt» mit Workshops durchgeführt. Der Verein würde sich freuen, viele Besucherinnen und Besucher begrüssen zu dürfen. «Ausserdem wäre es schön, wenn wir für den Verein neue Mitglieder gewinnen könnten», so die beiden Frauen.
Stefanie Rohner
März:
Ausstellung im Spital Herisau.
4. Mai, 15. Juni, 14. September und 26.Oktober:
Herisauer Wochenmarkt
1. Juni:
Tag der offenen Tür in der «gwunderwerchstatt»
www.saentisblick.org
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