Michelle Kolb
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Das Ostschweizer Filmprojekt «Die stillen Helden vom Säntis» biegt auf die Zielgerade ein. Die Dreharbeiten sind abgeschlossen und es wurde bereits mit der Postproduktion gestartet. Die Premiere findet wie geplant Ende November statt – voraussichtlich in Herisau.
Doku-Drama Im Film wird das in ferner Vergangenheit Geschehene durch hinterbliebene Familienmitglieder, Betroffene, Wissenschaftler, Politiker und heute auf dem Säntis tätige Forscher erzählt. So konnte auch mit aktuellen Mitgliedern der Rettungskolonnen über die schweren Lawinenniedergänge am Säntis gesprochen werden. Der ehemalige Kommentator beim SRF und heutige Filmemacher Victor Rohner kam auf die Idee für den Film, als er seine Serie «z Fuess rond om de Alpstei» gemacht hat. «Ich wurde immer wieder angesprochen, ich solle doch einmal einen 'richtigen' Film machen und auf meine Nachfrage hin, was denn ein richtiger Film sei, kamen wir auf den Spielfilm 'Der Berg' zu sprechen», erinnert sich Rohner.
Alle waren sich einig, dass der Film, der den Säntismord von 1922 thematisiert, wohl gut gemacht, aber falsch erzählt war. «Der Täter, ein Deutscher, wurde in 'Der Berg' plötzlich zum Appenzeller, das kam nicht gut an», meint Rohner. Ausserdem fand es der Filmemacher wichtig, zu zeigen, wie es wirklich war und die stillen Helden, die Säntisträger nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. «Viele von ihnen sind in Lawinen verunglückt. Wir konnten für das Doku-Drama mit Urgrosskindern und Kindern sprechen. Auch die Wetterwarte ist Thema des Films», sagt Rohner. Auch ist es gelungen, mit einem nahen Angehörigen der Kinder von Heinrich und Lena Haas, welche ermordet wurden, zu sprechen. «Einige der Personen kannte ich schon. Es war dennoch sehr zeitaufwendig, sie alle ausfindig zu machen», meint Rohner.
Während der Dreharbeiten sei ihm immer bewusster geworden, wie wenig die Leute über die Geschichte wissen – sei es, wenn es um die Säntisträger, die Wetterwarte oder den Säntis an sich geht. «Ich finde es wichtig, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, die Geschichte ist so spannend, dass sie erzählt werden muss», ist Rohner sicher. Die wechselvolle Geschichte am Säntis beginnt zu leben, auch weil Rohner entschieden hat, auf Basis der historischen Ereignisse nachgestellte Szenen im Spielfilmformat zu drehen. Bei der Planung hat es sich vormals um eine reine Dokumentation gehandelt. Das Bundesamt für Kultur fand, dass die Geschichte viel Stoff bieten würde, weshalb fiktionale Szenen das Ganze ergänzen würden. «Deshalb wollte ich mit dem Regisseur Kuno Bont zusammenarbeiten. Ich habe keine Erfahrung mit fiktionalen Szenen, da ist er sehr stark. Der Doku-Teil aber blieb bei mir», sagt Rohner. Ebenso wichtig war dem Filmemacher, dass es eine Ostschweizer Produktion wird. «Alle Protagonistinnen und Protagonisten sowie das Kamerateam leben rund um den Säntis. Das hat zwar zu Mehrkosten geführt, war uns aber wichtig», so Rohner.
Ein Filmdreh auf dem Säntis ist nicht ungefährlich. «Das Schönste ist, dass alles unfallfrei verlief. Das hat mich immer wieder beschäftigt, denn der Säntis ist ein wilder Berg», sagt er. Man habe sehr viel dort oben gedreht und hatte mit dem strengen Winter zu kämpfen. «Der starke Wind, die Temperaturen bis zu minus 15 Grad und der viele Schnee, haben die Arbeit erschwert», erinnert er sich. Eine Rohfassung des Films wurde bereits von Filmschaffenden gesichtet – Bilder, Geschichte, Dramaturgie und der Erzählstrang wurden kritisch unter die Lupe gelegt. Das Ergebnis: Bildmaterial, Dramaturgie und die schauspielerischen Leistungen sind vielversprechend. «Die Rückmeldungen sind grundsätzlich sehr positiv, der Film lebt von wunderschönen Naturbildern und einer spannenden Geschichte. Im Ablauf der Geschichte kamen ab und an Vorschläge, wie man diese anders und noch spannender gestalten kann», so Rohner. Was danach aber sicher gewesen sei: Der Film braucht eine starke Filmmusik. «Das wurde uns gewahr – und auch, dass wir dafür eigentlich kein Geld mehr haben», sagt Rohner und lacht. Aus diesem Grund begibt sich das Team erneut auf die Suche nach Sponsoren und Spenderinnen, hat ein neues Crowdfunding lanciert und wird versuchen, mit Stiftungen und Kantonen Mittel aufzubringen. Für die Musik und die Postproduktion werden rund 98'000 Franken benötigt. 40'000 Franken davon fliessen in die Musik.
«Die ersten Beispiele, die wir von Musiker Thomas Biasotto erhalten haben, sind vielversprechend – es soll eine Symbiose aus Appenzeller Volksmusik und Filmmusik werden», so Rohner. Biasotto komponiert die Musik und wird im Bereich Volksmusik von Barbara Betschart, Geschäftsführerin vom Roothuus in Gonten, beraten. Er ist sicher, dass das Geld zusammenkommt.
«Um dem Film eine gute Chance zu geben, wollen wir das Optimum herausholen.» Er wird in vier Sprachen übersetzt, läuft im Kino und im Fernsehen. Dies, weil Victor Rohner mit dem SRF einen Vertrag abschliessen konnte. Damit kann der Film allein im Fernsehen Zuschauer im sechsstelligen Bereich erreichen. Die Zusammenarbeit mit SRF freut Rohner speziell. Er arbeitete während über 20 Jahren als TV-Kommentator bei SRF. Als er 1983 den Job erhielt, ging für ihn ein Traum in Erfüllung. «Die Zusammenarbeit nun bedeutet für den Film und für alle daran Beteiligten eine grosse Aufwertung.» Nun gelte es, den Film auf die Zielgerade und in den Kinosaal zu bringen. «Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Premiere in Herisau stattfinden und danach in die Städte kommen», sagt Rohner.
Stefanie Rohner
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