Walter Micone
möchte dem Quartier Tschudiwies-Centrum frischen Wind einhauchen.
Kommandant Ralph Hurni am Stehpult an seinem Arbeitsort, den er bald verlassen wird. we
Nach zwölf Jahren an der Spitze der St.Galler Stadtpolizei gibt Ralph Hurni mit dem Übertritt in die Pension das Kommando an seinen Nachfolger Fabian Kühner ab. Hurni wird Kühner ab 5. bis 26. Mai noch begleiten. Wir haben mit Hurni, dem der Ruf nachgeht, sein Korps immer mit Augenmass, das heisst deeskalierend, eingesetzt zu haben, Rückschau gehalten.
Stadtpolizei Hurnis beruflicher Werdegang ist von Anfang in polizeilicher Richtung erfolgt, so dass er als Kommandant auf einen grossen Erfahrungsschatz zurückgreifen konnte. Nach dem HSG-Studium trat er als juristischer Mitarbeiter in die St.Galler Polizeiverwaltung ein. Anschliessend übernahm er die Leitung der Gewerbepolizei, heute Abteilung Bewilligungen, dann die Sicherheitspolizei mit 120 Mitarbeitenden und schliesslich das Kommando bei der Pensionierung von Pius Valier.
Auf die Frage, was sich bei der polizeilichen Tätigkeit in seiner Amtszeit am stärksten verändert hat, weist er auf die Zunahme der Gewalt und der Aggressivität hin. Das hängt seiner Ansicht nach mit der Entwicklung zur 24-Stunden-Gesellschaft zusammen. Der Respekt vor der Polizei wie auch vor anderen behördlichen Instanzen ist kontinuierlich zurückgegangen. Immer mehr trifft die Polizei auf Personen in einem psychischen Ausnahmezustand. Häufiger als früher werden auch Polizisten bei Interventionen angegriffen, nicht nur verbal, sondern auch physisch, was zu Verletzungen geführt hat. Krawalle, Tumulte sowie Demonstrationen mit Sachbeschädigung haben unter Hurni nicht überhandgenommen. Am stärksten gefordert ist die Polizei weiterhin bei Fussballspielen in der Arena, wo Ausschreitungen möglichst zu verhindern sind. Die Stadtpolizei kann zur Verstärkung auch auf die Kantonspolizei und andere ostschweizerische Korps zählen. Da immer wieder Junge zu den Fans stossen, die sich noch nicht in die Verhaltensregeln eingebunden fühlen, bleibt die polizeiliche Präsenz wichtig.
Sehr grossen Wert hat Hurni, wie er betont, auf die Prävention gelegt, um Tatbestände zu vermeiden, und dies in allen Bereichen. Das dürfte auch der Grund sein, dass in der St.Galler Bevölkerung heute im Vergleich zu anderen Städten ein gutes Sicherheitsgefühl herrscht. Allerdings sind hier personelle Grenzen gesetzt. Zwar konnte Hurni als Kommandant zweimal das Korps aufstocken, doch die angewachsene Zahl der Interventionen hat eigentlich nach einem noch höheren Personalbedarf gerufen. Mit organisatorischen Massnahmen, insbesondere durch Effizienzsteigerungen, ist er bemüht gewesen, die Aufgaben trotzdem bestmöglich zu lösen. Die noch stärker notwendigen Sparbemühungen der Stadt lassen die Stadtpolizei allerdings nicht unberührt, was weitere Strukturüberprüfungen zur Folge hat. In letzter Zeit musste die Stadtpolizei im Drogenbereich verstärkt tätig werden, um eine offene Drogenszene zu verhindern. Vermehrt sind auch entsprechende Meldungen aus der Bevölkerung eingegangen. Ein Grund ist das Aufkommen von Crack mit einem hohen psychischen Abhängigkeitspotenzial, was oft ein starkes aggressives Verhalten bewirkt. In der Gassenküche ist es zu Problemen mit Gästen gekommen, die Schwierigkeiten bereiten. Ein geschaffener runder Tisch bemüht sich zusammen mit Vertretern aus dem Quartier um Verbesserungen, wobei die polizeiliche Präsenz erhöht wurde. Das St.Galler Modell zur Bekämpfung des Drogenkonsums und -handels hat sich bewährt und die polizeiliche Arbeit erleichtert. Es handelt sich um eine Viersäulen-Politik mit Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. Dabei ist die enge Zusammenarbeit der Polizei mit der Stiftung Suchthilfe stets wichtig. Den erfolgreichen St.Galler Weg konnte Hurni in verschiedenen Vorträgen auch im Ausland aufzeigen. Für die in St.Gallen unter anderem mit der Quartierpolizei hochgehaltenen Community Policing hat er einen Lehrauftrag wahrgenommen. Um die Effizienz und die Sicherheit der Quartierpolizisten zu verstärken, wurde eine neue Organisation mit drei Kreisen geschaffen. Die Rekrutierung des Nachwuchses ist nach Hurni aufwendiger geworden, doch konnten letztlich stets gute Mitarbeitende gewonnen und ausgebildet werden. So ist ein nachteiliger starker Unterbestand vermieden worden. Dank persönlicher Betreuung und Unterstützung konnten auch Abgänge in Grenzen gehalten werden.
Die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei bezeichnet Hurni als eng und gut. Das hat auch räumliche Gründe, ist doch die stadtspezifische Kriminalpolizei im gleichen Gebäude an der Vadianstrasse 57 angesiedelt. Die Stadtpolizei hat überdies eine eigene Tauchergruppe aufgegeben. Bei Bedarf wird die entsprechende Einheit der Kantonspolizei beansprucht. Umgekehrt stellt die Stadtpolizei der Kantonspolizei die Einheit Beweis- und Festnahme-Element zur Verfügung. Gemeinsam wird ein Lärm-Messgerät für Poser-Fahrzeuge eingesetzt. Technisch werden die beiden Einsatzzentralen zusammengeführt. Ein weitergehendes Zusammenwirken ist vorgesehen. Allerdings hofft Hurni, dass die Stadtpolizei mit ihren ausgesprochenen Orts- und Milieukenntnissen weiterhin bestehen bleiben kann und nicht ohne Sicherheitspolizei zu einer «Rumpfpolizei» für den ruhenden Verkehr und die Bewilligungen wird.
Hurni war bis letztes Jahr auch Co-Präsident der Schweizerischen Vereinigung städtischer Polizeichefs- und -chefinnen (SVSP), die immer wieder die Vorteile städtischer Korps hervorhebt. Wertvoll für die Koordination dabei war auch der damit verbundene Einsitz bei der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten (KKPKS). Hurni freut sich auf die Pensionierung ohne so viele fixe Termine während der ganzen Woche wie an der Spitze eines Polizeikorps. Er will sich nun verstärkt seiner Familie widmen. Weiterhin wird er ehrenamtlich für die Gemeinnützige und Hilfsgesellschaft GHG im Prüfungs- und Kontrollbereich tätig sein. Verschiedentlich ist er für die Übernahme weiterer Aufgaben angegangen worden, doch erst einmal will er, wie er sagt, «zur Ruhe kommen». Dankbar will er aber in der Erinnerung seinem Korps bleiben, das durch hohe Einsatzbereitschaft das gute öffentliche Ansehen ermöglicht hat.
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