Walter Micone
möchte dem Quartier Tschudiwies-Centrum frischen Wind einhauchen.
Musik, Natur und kulturelle Vielfalt prägen das Leben der Dirigentin Monica Buckland (59). Mit Stationen in St.Gallen, Basel, Dresden, England und Australien hat sie ein reichhaltiges Leben voller Herausforderungen gemeistert. Nun kommt sie zurück in ihre alte Heimat.
Weltenbummlerin Monica Buckland wurde in England geboren, doch ihre Wurzeln reichen tief nach St.Gallen, der Heimat ihrer Mutter. «Meine Kindheit verbrachte ich grösstenteils in St.Gallen und im Obertoggenburg. Diese Verbindung zur Schweiz hat mich immer begleitet.» Nach der Schule in England führte sie der familiäre Wunsch zum Studium in die Schweiz. Nach dem Abschluss an der renommierten Cambridge University kam Buckland 1989 an die Musik-Akademie Basel, wo sie das Kapellmeister-Diplom absolvierte. «Schon während des Studiums begann ich als ‚Assistant Conductor‘ in Tschechien zu arbeiten. Es war eine aufregende Zeit, kurz nach dem Mauerfall. Die vielen Veränderungen öffneten Türen für junge Dirigentinnen wie mich.» Neben Engagements bei Orchestern in Osteuropa arbeitete sie lange Jahre mit Schweizer Chören wie dem Motettenchor Region Basel und «ars cantata» Zürich. «Die Schweiz hat mir eine solide Grundlage für meine Karriere gegeben, und die Jahre dort haben meinen musikalischen Stil geprägt.»
Nach beruflichen Stationen in Dresden und England zog Buckland 2019 mit ihrer Partnerin nach Sydney. «Wir kamen an Heiligabend an, mitten in der ‚Bushfire‘-Saison. Die Luft war dunkel und voller Rauch, die Stadt wirkte fast apokalyptisch.» Wenige Wochen später brachte die Pandemie eine weitere Herausforderung: «Wir erlebten einen strengen Lockdown, aber das gab uns Zeit, uns in der neuen Heimat einzufinden.» Australien beeindruckt Buckland vor allem durch seine Natur. «Unser Haus liegt am Rand eines Nationalparks. Morgens sitze ich auf dem Balkon und lausche den Kookaburras, die uns manchmal aus der Hand fressen.» Gleichzeitig gibt es in der australischen Tierwelt auch Herausforderungen: «Ob Schlangen, Spinnen oder Quallen – hier gibt es viele Tiere, die gefährlich sind. Das gehört zum Leben hier dazu.» Die Faszination für die Landschaft zeigt sich in ihren Hobbys: «Bushwalking, Kajak fahren und Schwimmen sind hier Teil des Lebens. Ich liebe es, die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt zu entdecken.» Besonders schätzt sie die Wallabies, die nachts ihren Garten besuchen, oder die Wale, die sie von den Felsen aus beobachten kann.
Trotz der vielen Vorteile Australiens vermisst Buckland einige Aspekte der Schweiz. «Die öffentlichen Verkehrsmittel hier können mit dem Schweizer Standard nicht mithalten, und die Distanzen in Australien erfordern, dass ich viel Zeit im Auto verbringe.» Besonders schmerzlich fehlt ihr die Architektur ihrer Heimat: «Ich vermisse die alten Häuser in St.Gallen, die bemalten Fassaden, die Erker und die lange Geschichte, die in den Strassenbildern sichtbar ist.» Auch Schweizer Werte hat sie nach Australien mitgenommen. «Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sind mir wichtig. Ich halte meine Versprechen und stimme auch bei Abstimmungen gewissenhaft ab – dank E-Voting, denn früher kamen die Unterlagen oft zu spät an.» Gleichzeitig hat sie von Australien eine entspannte Einstellung übernommen: «Die Nachbarschaft hier ist unkompliziert. Die Kinder spielen in unserem Garten, und wir sitzen oft spontan abends am ‚Firepit‘ zusammen. Diese Lockerheit schätze ich sehr.»
Buckland beschreibt sich als humorvolle Person: «Ich lache über die Absurditäten des Lebens – über mich selbst und über grosse oder kleine Dinge. Hauptsache, wir lachen jeden Tag.» Doch es gibt auch Momente der Nachdenklichkeit. «Traurig stimmt mich der Verlust geliebter Menschen. Besonders schwer ist es, wenn jemand in der Schweiz erkrankt, während ich am anderen Ende der Welt bin.» Rückblickend bereut sie ihre Auswanderung nicht. Das Leben ist ein Abenteuer, und sie versucht, jeden Tag bewusst zu leben. Auf die Frage, ob sie jemals nach St.Gallen zurückkehren würde, antwortet sie vorsichtig: «Vielleicht. Aber ich bin mir bewusst, dass ein Zurückkommen auch ein Neuanfang wäre. Die Schweiz und ich haben uns beide verändert.» Ihr Alltag in Australien ist geprägt von ihrer Leidenschaft für die Musik. Sie leitet Orchester und Chöre, arbeitet mit jungen Talenten und gibt ihr Wissen in Wettbewerben und Proben weiter. «Ich mache meine Arbeit mit derselben Ernsthaftigkeit, egal ob ich mit einem Schulorchester oder mit dem Sydney Symphony Orchestra arbeite.» Neben der Musik bleibt die Natur ihre grösste Inspiration. Australien bietet eine unglaubliche Vielfalt, von laut krächzenden Vögeln bis zu leuchtenden Blumen, die über Nacht erblühen. «Dieses Land ist voller dramatischer Kontraste», resümiert Buckland.
Monica Buckland tritt am Mittwoch, 7. Mai von 12.15 bis 12.45 mit dem Chor Bel a cappella aus Sydney in der Evangelisch-reformierten Kirche St. Laurenzen in St.Gallen auf. Der Eintritt ist frei, es gibt eine Kollekte.
Von Benjamin Schmid
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