Benno Högger
Die Berufsfeuerwehr St.Gallen testet zurzeit den Bio-Treibstoff HVO.
Die 19-jährige Lea Eisenring aus Wittenbach hat den Sprung über den grossen Teich gewagt und studiert dank eines Stipendiums an der DePaul Universität in Chicago Biologie. Neben ihrem Studium spielt sie leidenschaftlich Fussball und hat sich in ihrer neuen Umgebung bereits hervorragend eingelebt.
Chicago Während die ersten Sonnenstrahlen die Skyline von Chicago beleuchten, schultert Lea Eisenring ihre Fussballtasche und begibt sich zum Training. Auf dem Campus herrscht bereits geschäftiges Treiben: Hier eilen Studenten zu ihren Vorlesungen, dort erzählen sich Freunde Neuigkeiten und mittendrin schnürt sich Lea mit einem Lächeln im Gesicht ihre Schuhe. Das pulsierende Leben in Chicago hat sie schnell in seinen Bann gezogen.
Noch vor einem Jahr lebte Lea Eisenring zusammen mit ihrer Familie in Wittenbach. Während sie tagsüber die Schulbank der Kantonsschule am Burggraben drückte, stand sie abends regelmässig im Espenmoos auf dem Platz und trainierte mit der U-19 des FC St.Gallen. «Schon verrückt», sagt die 19-Jährige, «was sich im letzten Jahr alles verändert hat.» Die Entscheidung, nach Amerika zu gehen, sei ein Sprung ins Ungewisse gewesen. Eine Reise in eine neue Kultur, mit einer fremden Sprache und einer Welt voller unbekannter Herausforderungen. Doch genau in dieser Ungewissheit fand sie die Chance, über sich selbst hinauszuwachsen: «Es war die beste Entscheidung meines Lebens», offenbart Eisenring, «bisher hat sich jede Sekunde gelohnt.» Inmitten der pulsierenden Metropole hat sie eine neue Heimat gefunden. Die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Amerikaner haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sie sich schnell integriert und wohl gefühlt hat.
Einst brachte sie ein Freund auf die Idee, an ein amerikanisches College studieren zu gehen. Dass ihr Traum Realität wurde, verdankt die Wittenbacherin ihrem Talent, einem Video und einer Schweizer Agentur, die alles einfädelte. «Es dauerte nicht lange und ich erhielt erste Anfragen von Coaches aus den USA», erzählt Eisenring. Waren einige Angebote zu teuer, schieden andere wegen ihres Standortes aus. Bei der DePaul Universität habe es dann aber gepasst. Einige Videocalls später war das Stipendium unterschrieben, die Koffer gepackt und die Fussballerin machte sich auf in ihr bisher grösstes Abenteuer.
Kaum angekommen, stand sie das erste Mal auf dem Fussballplatz für ein Testspiel gegen das Team der Universität Wisconsin. «Alles war neu und ungewohnt», verrät Eisenring. Die grösste Umstellung war, dass sie plötzlich auf sich allein gestellt war und alles selbst machen musste. Es sei herausfordernd gewesen – ja crazy, aber rückblickend betrachtet eine sehr wertvolle Erfahrung, die sie als Mensch auf jeden Fall weitergebracht habe. Die Studentin fand schnell Anschluss, die Sprachbarriere verschwand und im Team fand sie neue Freundinnen. «Das Team steht hier immer an erster Stelle», erklärt Eisenring, «und es wird viel Zeit miteinander verbracht – nicht nur auf, sondern vor allem auch neben dem Platz.»
Der Alltag in Chicago ist intensiv und abwechslungsreich. Mal beginnt der Tag mit einem Training, mal mit einer Vorlesung. Während der Saison spielt das Team zweimal die Woche gegen andere Universitäten. Gerade weil in den USA alle sportbegeistert sind, sei die Professionalität einiges höher. In der Schweiz war es schwierig, Training und Ausbildung unter einen Hut zu bringen. «Hier wird alles dem Fussball untergeordnet», sagt die 19-Jährige, «die Schulklassen werden um das Training gebaut, und es ist immer alles aufeinander abgestimmt.» Es sei mehr Geld vorhanden, das auch investiert werde. «Die Kombination aus Studium und Sport ist perfekt für mich. Ich kann meiner Leidenschaft nachgehen und gleichzeitig eine solide Ausbildung erhalten», erklärt sie begeistert. American Football ist Nationalsport, aber auch bei Eishockey-, Basketball- oder Baseballveranstaltungen trifft sich das Volk, um gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen. In ihrer Freizeit besucht die Biologiestudentin oft solche Events mit Freunden oder geniesst in der Innenstadt ein leckeres Abendessen in einem Restaurant mit herrlichem Ausblick. Trotz des vollen Terminkalenders findet sie Zeit, regelmässig mit ihrer Familie zu telefonieren. Heimweh kennt sie kaum, denn sie fühlt sich in Chicago heimisch. «Ich habe schnell Freunde gefunden und mich gut eingelebt. Das Leben hier ist aufregend und vielfältig.»
Das Jahr in Chicago sei wie im Flug vergangen. Erlebnisse reihten sich aneinander und ehe sie eines verdaut habe, wartete bereits das nächste auf sie. Obwohl die Auswärtsspiele meist weit weg sind, habe sie vom Land noch nicht so viel erkunden können – dafür fehlt ihr meist die Zeit. Umso schöner sei es gewesen, als sie während des Spring Break für eine Woche nach Florida entspannen gehen konnte. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten ästimiert sie ihre erlernte Selbstständigkeit und schätzt es, eigenständig Entscheidungen zu treffen. «Mir wurde bewusst, dass ich immer offen für Neues sein möchte», verrät Eisenring, «manchmal bekommt man eine Chance nur einmal und zurück gehen kann man immer wieder.» Ihre Geschichte zeigt, dass sich Mut und Entschlossenheit bezahlt machen und trotzdem sei die Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Mit ihrem Optimismus und ihrer Zielstrebigkeit bringt Lea Eisenring nicht nur auf dem Fussballfeld ihre Leistung, sondern auch im akademischen Bereich. Für die Zukunft hat sie klare Pläne: «Ich möchte mein Biologiestudium erfolgreich abschliessen und mich fussballerisch weiterentwickeln, so dass ich dereinst professionell Fussballspielen kann.» Dafür ackert die 19-Jährige täglich, setzt alle Hebel in Bewegung, um ihre Ziele zu erreichen und bleibt doch auf dem Boden: «Das Wichtigste für mich ist, dass ich jeden Moment geniesse, denn diese Zeit ist einmalig.»
Von Benjamin Schmid
Lade Fotos..