Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Gewerkschaftsverbände und SP protestieren am Montag vor der Kantonsratssession gegen längere Ladenöffnungszeiten.
Der Detailhandel soll im Kanton St.Gallen künftig von 5 bis 22 Uhr geöffnet sein dürfen anstatt wie bisher von 6 bis 19 Uhr. Diesem Vorschlag stimmte der Kantonsrat am Montag in der Herbstsession zu. Die SP hat das Referendum angekündigt.
Politik In der Herbstsession vom Montagnachmittag hat der Kantonsrat der Vorlage der vorberatenden Kommission zur Erweiterung der Ladenöffnungszeiten zugestimmt. Demnach sollen Läden des Detailhandels künftig flexibler über Ladenöffnungszeiten bestimmen können als bis anhin. In der heute geltenden Fassung sieht das Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung vor, dass der Detailhandel von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr geöffnet sein darf. Am Samstag sowie am Vortag von Karfreitag, Weihnachtstag und Neujahr dürfen Geschäfte von 6 bis 17 Uhr geöffnet sein. Die Vorlage zum Gesetzesnachtrag sieht nun vor, dass die Läden künftig von Montag bis Samstag von 5 bis 22 Uhr geöffnet sein dürfen. Damit lehnt der Kantonsrat auch den Vorschlag der Regierung ab, welcher eine moderate Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten um je eine Stunde abends befürwortete. Die Forderung der FDP, im Kanton St.Gallen künftig vollständig auf Ladenöffnungs-Vorschriften zu verzichten und damit eine komplette Liberalisierung einzuführen, scheiterte hingegen knapp.
Der Entscheid des Kantonsrats ist ein Versuch die Ladenöffnungszeiten im Kanton St.Gallen an diejenigen der Nachbarkantone anzugleichen. So gibt es in den Kantonen Zürich, beiden Appenzell, Glarus und Graubünden zum Beispiel keine Vorschriften zu Ladenöffnungszeiten. Die Ausweitung der Öffnungszeiten soll dem Detailhandel grundsätzlich mehr Flexibilität geben und die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem wachsenden Online-Handel verbessern. Ladenbetreiber sollen demnach individuell entscheiden können, inwiefern sie von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen wollen. Zudem wolle man mit dem Gesetzesnachtrag den veränderten Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten Rechnung tragen, welche ihr Einkaufverhalten aufgrund immer flexiblerer Arbeitszeiten in den vergangenen Jahren stetig verändert hätten. Die Verlängerung der Öffnungszeiten schaffe auch mehr Arbeitsplätze zu Randzeiten, was insbesondere für Studierende und Teilzeitarbeitende attraktiv sein könne.
Klar gegen die Vorlage ausgesprochen haben sich die SP-, Grüne-, GLP- und Mitte-Fraktion. Schon im Vorfeld der Kantonsratssession versammelten sich am Montag Mitglieder des Kantonalen Gewerkschaftsbunds, von Organisationen der Arbeitnehmenden im Detailhandel und der SP vor dem Regierungsgebäude. Die Teilnehmenden sprachen sich mit der Protestaktion gegen die Vorlage der vorberatenden Kommission aus und verteilten Tüten mit der Aufschrift «Die Verkäuferin in meinem Quartierladen hat den Feierabend verdient». «Eine Verlängerung der Öffnungszeiten wäre für kleinere Geschäfte kontraproduktiv, da sie diese personell nicht abdecken können. Nur die grossen Verteiler wie Coop oder Migros können sich längere Ladenöffnungszeiten leisten. Das Ladensterben würde mit dieser Gesetzesänderung weiter zunehmen», so Alexandra Akeret, SP-Kantonsrätin und VPOD-Regionalsekretärin. Durch die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten verschlechtere man zudem weiter die Arbeitsbedingungen von Detailhandelsangestellten. Einerseits erschwere es die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, da Eltern abends weniger Zeit für die Kinder haben und auch Kitas so spät nicht mehr geöffnet sind. Andererseits werde auch der Druck auf die Angestellten erhöht, immer längere und unregelmässige Arbeitszeiten zu akzeptieren. «Man darf ebenfalls nicht vergessen, dass Vereinsaktivitäten und kulturelle Veranstaltungen oft abends stattfinden. Detailhandelsangestellten wird also auch vermehrt die Teilnahme an Freizeitaktivitäten erschwert. Der Beruf wird also immer unattraktiver», so Akeret.
Ebenfalls gegen eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen hat sich der Kantonale Gewerbeverband. Bereits vergangenes Jahr hatte der Gewerbeverband Kanton St.Gallen seine Bedenken in einer Stellungnahme zum Vorhaben des Kantonsrats geäussert. So habe eine interne Umfrage unter sämtlichen Mitgliedern, die im Gewerbeverband der Gruppe «Handel» angehören, ergeben, dass flexiblere und längere Ladenöffnungszeiten dem stationären Detailhandel keinen Mehrwert bieten. «Längere Öffnungszeiten erfordern mehr Personal – ein Mehrumsatz ist aber dadurch nicht garantiert. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere die Grossverteiler flexiblere und damit längere Ladenöffnungszeiten anwenden werden. Damit wird der stationäre Detailhandel unter Zugzwang gesetzt», so der Verband in seiner Stellungnahme. Somit sei auch die oft erwähnte Freiwilligkeit der Anwendung der Ladenöffnungszeiten nicht gegeben. Auch aus diesen Gründen ist eine einseitige Verlängerung der Arbeitszeiten für Mitarbeitende des Detailhandels für die SP inakzeptabel. Sollten sich die Mehrheiten in der Schlussabstimmung während der Wintersession 2024 nicht verändern, wird die SP zusammen mit den Gewerkschaften das Referendum ergreifen.
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