Walter Micone
möchte dem Quartier Tschudiwies-Centrum frischen Wind einhauchen.
Wird das Pilotprojekt bewilligt, könnten ausgewählte St.Galler Apotheken bereits im Sommer 2026 legal Cannabis an Probandinnen und Probanden verkaufen.
Der St.Galler Stadtrat hat einem Pilotprojekt zur legalen, nichtmedizinischen Abgabe von Cannabis zugestimmt. Das Projekt wird derzeit von der Ostschweizer Fachhochschule (OST) und der HSG geplant.
Kiffen Die Projektverantwortlichen LukasSchmid,Co-Institutsleiterund Professor am Institut für Innovation, Design und Engineering an der OST und Florian Elliker, Dozent für Soziologie an der Universität St.Gallen, erklären, was es mit dem Pilotprojekt auf sich hat.
Lukas Schmid, wie ist das Pilotprojekt aufgebaut?
Vorweg muss man erwähnen, dass das Pilotprojekt noch auf die Freigabe des BAG wartet. Sollte das Projekt bewilligt werden, bräuchten wir etwa ein Jahr Vorlauf, bevor das Projekt definitiv starten könnte. Grundsätzlich ist aber angedacht, 2’000 Probandinnen und Probanden zu finden, die in der Stadt St.Gallen und den Gemeinden Au, Gossau und Rapperswil während drei Jahren Cannabisprodukte in ausgewählten Apotheken legal beziehen können. Dies nicht zu medizinischen Zwecken, sondern als Lifestyleprodukt. Es ist daher auch ein Breites Produktesortiment angedacht. Neben klassischem Cannabis sollen beispielsweise auch sogenannte «Edibles» - also essbare Cannabisprodukte - angeboten werden. Zudem wird in der Stadt St.Gallen während eines kurzen Zeitraums punktuelle die Heimlieferung per Velokurier angeboten.
Sie sagen, Sie bräuchten noch ein Jahr Vorlauf ab dem Zeitpunkt der Bewilligung durch das BAG. Ab wann werden Probandinnen und Probanden in der Stadt St.Gallen frühestens legal Cannabis beziehen können?
Lukas Schmid: Sollte das BAG im Herbst die Bewilligung erteilen - was gut möglich ist - könnten die ausgewählten Apotheken voraussichtlich schon im Sommer 2026 Cannabisprodukte an Probandinnen und Probanden verkaufen. Ob das BAG die Bewilligung erteilt ist zwar noch nicht sicher, doch wir sind sehr zuversichtlich, dass es klappt.
Florian Elliker, was wollen Sie mit diesem Pilotprojekt herausfinden?
Wir wollen untersuchen, wie die Leute Cannabis im Alltag konsumieren und was deren Grundhaltung gegenüber Cannabis ist. Diesbezüglich gibt es noch sehr wenig Forschungsergebnisse, da bisher hauptsächlich der medizinische Nutzen von Cannabis untersucht wurde. Unser Ziel ist es, die Perspektive zu öffnen und zu schauen, wie Konsumentinnen und Konsumenten Cannabis in ihren Alltag integrieren. Wir schauen konkret an, in welchen Situationen konsumiert wird, wie sich die Leute über Cannabis austauschen und, ob die angedachte Abgabe in Apotheken zum Konsumverhalten der Probandinnen und Probanden passt. Zudem werden wir anschauen, wie sich die Selbst- und Fremdwahrnehmung durch den legalen Bezug von Cannabis verändert und ob dies einen Einfluss auf das Konsumverhalten hat.
Wird in der Studie auch das Suchtverhalten der Probandinnen und Probanden untersucht?
Florian Elliker: Nein. Aber wir wollen herausfinden, aus welchen Gründen der Konsum von Cannabis bei bestimmten Leuten problematisch oder auch unproblematisch wird. Quantitative Studien aus der Schweiz haben bereits gezeigt, dass nur bei einem Fünftel der Cannabis-Konsumentinnen und Konsumenten Probleme auftreten. Wir wollen daher untersuchen, welche Umstände und Handlungsweisen zu einem problematischen Konsum führen können.
Wie sind die Aufgaben zwischen der OST und der HSG aufgeteilt?
Lukas Schmid: Bei der Akquise der Apotheken und entsprechenden Gemeinden sowie des Produzenten war das Institut für Innovation, Design und Engineering der Ostschweizer Fachhochschule involviert. Auch werden wir die Projekthomepage und die geplante App zum Austausch mit den Probandinnen und Probanden verantworten. Die HSG hingegen ist verantwortlich für den Wissenschaftlichen Teil – zum Beispiel für das Studiendesign oder die Probandenbefragungen.
In der Schweiz laufen zurzeit in verschiedenen Städten städteübergreifende Pilotprojekte, die einen Vergleich ermöglichen sollen. Die Stadt St.Gallen hat sich dagegen entschieden, dabei mitzumachen und sich stattdessen für die Studie der OST und HSG entschieden. Was unterscheidet eure Studie von anderen Studien?
Florian Elliker: Unsere Studie untersucht im Vergleich zu den anderen Studien nicht nur die legale Abgabe von Cannabis in der Stadt, sondern auch in ländlichen Regionen. Wir wollen herausfinden, ob es hier einen Unterscheid in der Akzeptanz gibt und ob dies einen Einfluss auf das Konsumverhalten hat. Ein weiterer Unterschied ist, dass unser Pilotprojekt nicht nur eine stationäre Abgabe, sondern auch die Heimlieferung per Velokurier einbezieht.Es ist zudem einer der wenigen Pilotversuche, der sich für den Alltag der Konsumierenden und die Rolle, welcher der Cannabiskonsum für die Leute hat, interessiert.
Kann bei diesem Pilotprojekt jede und jeder mitmachen?
Lukas Schmid: Nein, nicht jeder kann als Probandin oder Proband teilnehmen. Die Leute müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Auch Schwangere sind vom Pilotprojekt ausgeschlossen. Eine weitere Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass sie davor schon Cannabis konsumiert haben. Dies, um sicherzustellen, dass durch unser Pilotprojekt keine neuen Leute zum Cannabiskonsum bewegt werden. Potenzielle Probandinnen und Probanden müssen ausserdem einen Fragebogen ausfüllen. Dabei werden auch gewisse Verhaltensmuster im Umgang mit Cannabis abgefragt. Was wir nicht wollen, ist, dass Leute an der Studie teilnehmen, die bereits jetzt ein problematisches Cannabis-Konsumverhalten aufzeigen oder härtere Drogen konsumieren.
Wie kann man sich bei euch melden, wenn man an der Studie teilnehmen möchte?
Lukas Schmid: Es wird eine Projekt-Homepage geben, auf der sich Interessierte registrieren können. Hier ist noch wichtig zu erwähnen, dass sich nur Menschen registrieren können, die in den Gemeinden wohnhaft sind, in denen sich auch unsere Partner-Apotheken befinden. Über die Details werden wir zu gegebenem Zeitpunkt informieren.
Interview von Selim Jung
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