Walter Micone
möchte dem Quartier Tschudiwies-Centrum frischen Wind einhauchen.
Einmal im Monat, immer am 11., öffnet die Halle 11 in St.Gallen ihre Türen und lädt zu einer Reise durch die Welt der schönen, kuriosen und geschichtsträchtigen Dinge ein. Was als Leidenschaft fürs Sammeln begann, ist längst zu einem Begegnungsort geworden – voller Erinnerungen, Fundstücke und spannender Erzählungen.
Riethüsli Ueli Rohner und Franziska Bannwart sind die Köpfe hinter der Halle 11, deren Geschichte mit einem Zufall oder vielmehr mit einer glücklichen Fügung begann. Rohner, eidgenössisch diplomierter Gärtnermeister, betreibt seit vielen Jahren einen Gartenbaubetrieb an der Solitüdenstrasse 1. Als seine Untermieter auszogen, wurde Platz frei für Neues. Fast zur selben Zeit änderte sich auch in Bannwarts Leben einiges. Die Kindergärtnerin stand nicht nur vor der Aufgabe, den Haushalt ihrer Mutter zu zügeln, sondern gleichzeitig musste die bevorstehende Pension und somit die «Neuunterbringung» eines Riesenfundus an privatem Kindergartenmaterial und Mobiliar in Angriff genommen werden. «Das bedeutete eines: Unendlich viele Dinge mussten neu beheimatet werden», sagt Rohner und Bannwart ergänzt: «Und so passte es perfekt, als mein Sohn eine Emailtafel mit der Aufschrift 'Halle 11' ersteigerte, die seither unserem Brockenhaus seinen Namen gibt.» Seitdem füllt sich die Halle mit Dingen, die Geschichten erzählen, und mit Menschen, die sie entdecken wollen.
Wer die Halle 11 betritt, bemerkt sofort, hier gibt es keine beliebige Auswahl, sondern eine sorgfältig kuratierte Sammlung. «Wir verkaufen nur Dinge, die uns selbst gefallen», erklärt Bannwart. «Das können Gartenutensilien sein, altes Werkzeug, Kleinmöbel, Geschirr, Bücher, Spielzeug, Kunstwerke – einfach alles, was eine Geschichte erzählt.» Und diese Geschichten sind es, die die Halle 11 so besonders machen. «Wir
hatten mal eine echte Zürcher
Strassenampel», erinnert sich Rohner schmunzelnd. «Die hat mehrere Umzüge mitgemacht, bis sie schliesslich nach Innerrhoden verkauft wurde.» Und Bannwart ergänzt: «Oder der nostalgische, handbetriebene Plattenspieler, der gehört jetzt einem Kaminfeger.» Und dann gab es noch diese alten Zahnarzt-Mustertäfelchen, die eine Kundin für ihre Schwiegertochter mitgenommen hat, weil sie Zahnärztin ist. Doch nicht alles ist käuflich. Es gibt ein paar Dinge, die einfach bleiben müssen. «Der selbst gebaute Schubladenkasten, dessen Geschichte zu uns gehört», sagt Bannwart.
Die Begeisterung für besondere Fundstücke haben Rohner und Bannwart von klein auf mitbekommen. «Mein Vater war Lehrer», erzählt Rohner. «Er hat vor allem ortsgebundene Gebrauchsgegenstände gesammelt – Dinge, die für ihn eine Funktion hatten.» Bei Bannwart sah das etwas anders aus: «Mein Vater war Grafiker, und bei uns gab es viele Kunstwerke, Bücher, Kuriositäten und Brockenhausfunde. Es gab viel Schönes zum Anschauen, zum Brauchen oder zum Haben – einfach, weil es spannend war.» Diese Prägung führte dazu, dass beide leidenschaftlich Flohmärkte besuchen und keine Brockenstube auslassen können.
Längst ist die Halle 11 nicht nur ein Ort, an dem Dinge neue Besitzerinnen und Besitzer finden. Sie ist zu einem Treffpunkt für Gleichgesinnte geworden. «Es wird viel gelacht und geplaudert», erzählt Bannwart. «Viele Leute kommen nicht nur zum Kaufen, sondern einfach zum Schauen und Erzählen.» «Und das Schönste daran ist zu sehen, wie jemand einen Gegenstand entdeckt, der genau die richtige Geschichte für ihn hat», ergänzt Rohner. Die Halle 11 ist einmal im Monat geöffnet – immer am 11. des Monats, von 11 bis 17 Uhr. Fällt der 11 auf ein Wochenende, geht es sogar schon um 9 Uhr los. «Wir haben keine festen Regeln», sagt Rohner. «Aber eines ist sicher: Wer uns besucht, wird immer etwas finden, das ihm ein Lächeln ins Gesicht zaubert.» Und genau
darum geht es in der Halle 11 – um die Freude an den Dingen, an
Erinnerungen und an der Gemeinschaft.
Von Benjamin Schmid
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